Nachlese NeujahrsEmpfang 2019 des Forum Einkauf im ÖPWZ

„Savings? Earnings! Der wahre Wertbeitrag des Einkaufs: Viel mehr als nur ein Sparefroh“ – der NeujahrsEmpfang 2019 des Forum Einkauf im ÖPWZ am 24. Jänner 2019 im Haus der Industrie am Wiener Schwarzenbergplatz lieferte wieder jede Menge Impulse für die zahlreich erschienenen Gäste.

Mag. Andreas Prenner, Bereichsleiter Personal, Finanzen und Organisation der Industriellenvereinigung und Präsident des ÖPWZ, hieß die Gäste willkommen und startete gleich mit einer wichtigen Botschaft: Es gäbe Anzeichen für ein Nachlassen der Hochkonjunktur, die Rolle des Einkaufs in den Unternehmen würde daher umso wichtiger.

Bibiane Sibera, Generalsekretär Forum Einkauf im ÖPWZ, schloss mit ihrem Eröffnungsstatement daran an: Dass der Einkauf viel mehr kann, als nur Bestellungen abzusetzen und Preise zu drücken, sei klar. Dass er zur Gewinnsteigerung des Unternehmens beiträgt, wüssten wir auch. Doch: Der Wertbeitrag des Einkaufs könne noch besser kommuniziert werden, nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber! Und: Es geht nicht nur um „Savings“ oder „Earnings“, sondern um eine ganzheitliche Betrachtungsweise.

Dies griff der erste Vortragende des Abends auf: Dipl.-Ing. Jörg Köck, Better Solutions Coachingconsulting GmbH, lieferte in seiner Einstimmung Impulse zum Thema „Value Adding Purchasing“. Welchen Wert bringt der Einkauf – und für wen? Heute bestimmt vielfach der – interne – Kunde den Wert, aber die Beziehungsgeflechte werden komplexer. Ein Paradigmenwechsel steht an, Firmen agieren in einem Umfeld, einer Ökologie, wie Jörg Köck es nennt, und in diesem Stakeholder-Modell stellt sich die Frage: Wem kann der Einkauf Nutzen stiften? Als erfahrener Verhandlungstrainer weiß er um die Wichtigkeit von „kooperativer Intelligenz“ und empfiehlt die Lektüre des gleichnamigen Buches von Martin A. Nowak, österreichisch-US-amerikanischer Mathematiker und Biologe und Professor in Harvard. Angetrieben wird der Paradigmenwechsel auch durch die Digitalisierung mit all ihren Begleiterscheinungen von „mobile“ über Sprachsteuerung bis hin zu „agilen“ Management-Methoden. Und hier fällt auch erstmals ein ganz wichtiger Begriff, der im Laufe des Abends immer wieder kommen wird: Prozesse. Der Blick auf und die Gestaltung von Prozessen wird immer wichtiger, ja, erfolgsbestimmend.

Mit der Analyse und Gestaltung von Prozessen kennt sich Dr.in Andrea Kdolsky, MBA, Bundesministerin a. D. und heute Owner und CEO von Andrea Kdolsky Consulting, besonders gut aus. In ihrer Keynote „Mehr Einfluss, als man denkt: Der Einkauf als wesentlicher Faktor für den Unternehmenserfolg“ sprach sie unter anderem über ihre Erfahrungen beim Aufbau der Niederösterreichischen Landeskliniken-Holding, unter deren Dach 27 Spitäler mit 8.000 Betten und 20.000 MitarbeiterInnen verwaltet werden. Als dieses Projekt 2004 ins Leben gerufen wurde, konnte von einem strukturierten Einkauf überhaupt keine Rede sein, und der Aufbau eines Zentraleinkaufs in diesem Rahmen war, so Andrea Kdolsky, „außergewöhnlich und weltbewegend“. Heute sind im Klinikbereich Einkaufsverbünde ganz normal, und das nicht nur im nationalen Kontext, sondern in Grenzregionen sogar länderübergreifend. Es hat sich also in relativ kurzer Zeit einiges getan, und zwar nicht nur im Einkauf, sondern in der Betrachtung des gesamten Modells „Gesundheitsmanagement“, in dem der Patient immer mehr zum „Kunden“ wird.

Die Stakeholder-Sichtweise hatte ja auch Jörg Köck bereits ins Spiel gebracht – und nun kam dieser Aspekt wieder: Kooperation statt Kampf, zum Beispiel bei Ausschreibungen nicht den billigsten Anbieter, sondern den Besten zu wählen, intern effizienter zusammenzuarbeiten, Kundenorientierung zu fördern, Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein zu leben. Die Digitalisierung bietet hier eine Vielzahl neuer Werkzeuge, zum Beispiel für Customer-Relationship-Management (CRM), Supplier-Relationship-Management (SRM) und deren Erweiterung bzw. Kombination in Form von Extended-Relationship-Management (XRM). Neben Digital-Know-how werden aber auch Soft Skills immer wichtiger: Verhandlungs- und Kommunikationskompetenz stehen dabei ganz oben auf der Liste der gefragten Fähigkeiten. Der Einkauf leistet heute schon enorm viel auf den angesprochenen Ebenen – doch passiert das oft im Verborgenen, es fehlt an „Visibility“, die Einkäuferinnen und Einkäufer müssen vor den Vorhang. Andrea Kdolsky wollte daher abschließend den Anwesenden Mut machen, den Schritt nach vorne zu tun: „Sie sind cool! Sie sind gut!“

In der folgenden Podiumsdiskussion wurde „der wahre Wertbeitrag des Einkaufs“ nun noch einmal aus der Sicht der aktuellen Praxis thematisiert. Neben Dr.in Andrea Kdolsky sprachen Dipl.-Ing. Christian Mokry, Leitung Einkauf, voestalpine Stahl GmbH, Dipl.-Ing. (FH) Gerhard Orthaber, Project Purchasing, LOGICDATA Electronic & Software Entwicklungs GmbH, Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Willi Pranzl, Leitung Einkauf, WEBER-HYDRAULIK GmbH, und Mag. Alexander Steinhart, Director, Management Consulting KPMG, über Erfahrungen, Erfolge und Visionen im Zusammenhang mit „Value“ und Einkauf. Die Moderation lag in den Händen von Mag.a Gabriela Scopp, Safe Exports, Präsidentin Forum Einkauf.

Ausgehend von der Frage, wie sehr in Zielvereinbarungen für Einkäuferinnen und Einkäufer auch heute noch das Thema „Einsparungen“ dominiert oder ob auch andere, nämlich qualitative und – auf den ersten Blick – nicht messbare Ziele eine Rolle spielen, kam in der Runde sehr rasch wieder die Rede auf das „heimliche Hauptthema“ des Abends: die Prozesse. Im Einkauf gibt es hier ein sehr großes Optimierungspotenzial und die Digitalisierung ist ein wichtiger Treiber, Stichworte Kataloge, Bestellprozesse, Vertragsmanagement und vieles mehr. Der Einkauf ist gefordert, sich aktiv in Projekte einzubringen und den Change „mit zu managen“. Hier konnte Dipl.-Ing. Christian Mokry, voestalpine Stahl, von einem sehr erfolgreichen Projekt eines Leistungsverzeichnisses im Bereich externe Dienstleistungen berichten, das der Einkauf maßgeblich mitgestaltet hat und das die Beschaffungsvorgänge enorm erleichtert – sowohl für die Einkaufsabteilung und die Bedarfsträger als auch für die Lieferanten. Der Effekt: Einsparungen, mehr Kontrolle und darüber hinaus mehr Zufriedenheit bei allen Beteiligten. Und bei den Projektverantwortlichen ein Erfolgserlebnis, das zu weiteren Innovationen motiviert und auch Führungskräfte dazu animiert, Zielvereinbarungen weiter zu fassen, als nur unmittelbar messbare Zahlen zu berücksichtigen.

Was zur zweiten Fragerunde führte: Kurzfristig realisierte Einsparungen oder nachhaltige Optimierungen – wie wird das in Unternehmen gesehen bzw. bewertet? Hier besteht Hoffnung, dass sich die Vorteile einer Orientierung Richtung Nachhaltigkeit sukzessive durchsetzen, denn, wie Mag. Alexander Steinhart von KPMG sehr gut auf den Punkt brachte: Wird Nachhaltigkeit prioritär betrachtet und umgesetzt, dann gibt es Einsparungen sozusagen als „Abfallprodukt“ dazu. In diesem Zusammenhang kamen Themen wie Qualitätsmanagement und Risikomanagement ebenso zur Sprache wie Qualifizierungsbedarf. Und auch hier ging es wieder um die Soft Skills, die gerade im Zeitalter der Digitalisierung in den Anforderungsprofilen immer wichtiger werden. Soft Skills sind ein typischerweise sehr schwer messbarer Indikator, allerdings mittel- bis langfristig für den Wertbeitrag, nicht nur des Einkaufs, nicht zu unterschätzen. Den Mix aus digitaler Kommunikation und Face-to-Face-Kommunikation, auch unter Berücksichtigung eines Generationenwechsels in den Unternehmen („Babyboomer“ treten bald in den Ruhestand, es kommen vermehrt „Digital Natives“ in die Unternehmen), konstruktiv zu gestalten, wird dabei eine immer größere Herausforderung, hier steckt aber unglaublich viel Potenzial für „Value Adding Purchasing“ – Stichwort Beziehungsmanagement oder: „Miteinander reden“. Wenn dann auch noch die Stammdaten ordentlich gepflegt sind, das Lieferantenmanagement krisenfest ist und auch in schwierigen Zeiten Versorgungssicherheit gewährleistet, dann darf der Einkauf zu recht von sich behaupten: „Wir sind cool! Wir sind gut!“

Nicht auf dem offiziellen Programm angekündigt, aber umso aussagekräftiger war die nun folgende Kurzpräsentation von Mag.a Gabriela Scopp, die zur Vorbereitung auf die Veranstaltung Einkäuferinnen und Einkäufer gefragt hatte: „Wenn Sie den Einkauf symbolhaft durch ein Tier darstellen sollten, welches Tier wäre das und warum?“ Aus der Vielzahl der Antworten seien hier drei Beispiele herausgegriffen – Eigenschaften, die auch den Wert des Einkaufs im Unternehmen gut beschreiben:

Der Elefant: Symbol für Kraft und Klugheit. Stoßzähne dienen zum Festhalten, Ziehen, Aufheben, Drücken, Werfen, sprich Vielseitigkeit, die auch im Einkauf tagtäglich gebraucht wird.

Das Pferd: Stark, geduldig, wendig, intelligent, lernfähig. Hat eine Rundumsicht, kann Hürden überwinden. Ausgeprägtes Sozialverhalten, Forschungsgeist.

Der Delfin: Freude an dem, was er tut. Interaktion mit Seinesgleichen und Menschen – intern und extern. Gegenseitige Unterstützung, Erfolg durch gemeinsames Agieren als Team.

Mit der Präsentation der Ergebnisse der Einkäufer-Gehaltsstudie 2018 von ÖPWZ und KPMG durch Mag. Alexander Steinhart, Director, Management Consulting KPMG, endete der offizielle Teil des Abends.

Beim anschließenden Neujahrsbuffet gab es die Gelegenheit zum fachlichen Austausch und zu interessanten Gesprächen.

ÖPWZ abonnieren